Die Kunst der Spätgotik ist von weitreichenden technischen, formalen und inhaltlichen Neuerungen geprägt. Malerei, Skulptur und Grafik sind dabei so eng miteinander verbunden, dass sich Innovationen schnell über alle Kunstgattungen hinweg verbreiten. Die Einheit
der Künste
Neue künstlerische Ausdrucksmittel
Angeregt von niederländischen Vorbildern verändern sich in der Malerei die künstlerischen Ausdrucksmittel: Licht und Schatten, Körper und Raum werden zunehmend wirklichkeitsnah dargestellt. Das zeigt sich beispielsweise an den Tafeln des Wurzacher Altars, die in der Werkstatt von Hans Multscher in Ulm entstanden sind. In der Darstellung von Schlagschatten und der Wiedergabe metallisch glänzender Oberflächen macht sich der neuartige Einsatz von Licht und Schatten bemerkbar. Die großen Vorbilder
Die neuen Spielarten in der Malerei lassen sich auch bei Konrad Witz beobachten. Der Raum in seinem um 1440 entstandenen Verkündigungsbild ist nur von Licht und Schatten erfüllt. Diese Darstellung ist weitaus ungewöhnlicher, als es heute erscheinen mag. Ein gänzlich unmöbliertes Gemach, in dem sich nicht einmal ein Kissen oder ein Betpult für die Jungfrau befinden, war in der damaligen Zeit fast einmalig. Stattdessen schwelgt der Künstler in Effekten, die er malerisch auf den unterschiedlich beleuchteten Oberflächen hervorrufen kann.
Auch Landschaften werden in der Malerei zunehmend von natürlichem Licht beleuchtet. In der um 1450 entstandenen „Karlsruher Passion“ werden sogar unterschiedliche Tageszeiten berücksichtig. Die Gefangennahme Christi wird den Bibelberichten folgend bei Nacht dargestellt, die daran anschließenden Szenen hingehen bei Tageslicht.
Werke wie die Karlsruher Passion bereiten eine Entwicklung vor, die wenige Jahrzehnte später zu einer reinen Landschaftsdarstellung führt. Um 1490 malt Albrecht Dürer die „Drahtziehmühle“, ein Gebäudeensemble an der Pegnitz vor den Toren von Nürnberg. Die hohe Detailgenauigkeit unterscheidet das Werk von einer Skizze. Die Landschaft dient nicht mehr als Motiv in einem größeren Bildzusammenhang, sondern wird selber zum Thema eines eigenständigen Werks.
Wichtige Neuerungen gab es auch in der Darstellung von Emotionen. Kunstwerke zeigen jetzt nicht mehr nur Handlungen, sondern auch die damit verbundenen Gefühle. Der Schmerzensmann von Albrecht Dürer beispielsweise erscheint in nachdenklicher, fast melancholischer Pose. Die Genauigkeit der anatomischen Darstellung lässt bereits die aufkommende Renaissance erahnen. Ähnliches lässt sich in der Skulptur beobachten, wie bei der „Büste eines Mannes“ von Niclaus Gerhaert von Leyden.
Figuren wie Gerhaerts „Maria mit dem Kind“ werden nun als wirkliche Körper dargestellt, nicht mehr gewichtslos, wie schwebend, sondern mit den Beinen fest auf dem Boden. Der im höchsten Maße künstlich gestaltete Gewandfall verhindert dabei das Gefühl einer zu großen Nähe: Die Dargestellten sind als Heilige dem Diesseits entrückt, gleichzeitig aber auch von menschlicher Natur.
Malerei wird nicht nur in der Fläche benutzt, sondern auch zur Gestaltung dreidimensonaler Körper. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts beginnt man jedoch, in der Skulptur zunehmend auf Farbe zu verzichten. Werke wie der von Tilman Riemenschneider in Würzburg angefertigte Altar für die Pfarrkirche von Münnerstadt sind komplett holzsichtig gestaltet. Die schnitzerische Bearbeitung der Oberflächen sorgt dennoch für eine höchst lebendige Wirkung der Figuren .
Die Neuerungen wirken sich über alle Kunstgattungen hinweg aus. So nutzt die Glasmalerei dieselben Mittel wie die Tafelmalerei. Die aufwändig gearbeiteten Erbacher Rundscheiben zeigen auf kleinstem Format Szenen mit vielen Figuren in dichter Gedrängtheit. Trotz der beengten Fläche werden die Körper dabei auf vielfältige Weise mit einander verschränkt, so als wolle der Glasmaler sein ganzes Können demonstrieren.
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